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Grenzwanderung von Elend nach Sorge


Wer von uns Eisenbahninteressierten hat nicht bei der Fahrt mit einem Zug der Harzquerbahn durch das Sperrgebiet zwischen Drei Annen Hohne und Benneckenstein von der Bühne des Schmalspurwagens interessiert in die Runde geschaut, hat versucht, den bei Sorge ziemlich nahe herankommenden Grenzsicherungszaun zu erspähen, hat ein wenig sehnsüchtig die vorbeiziehenden stillen, unberührten Wälder betrachtet! Keine Chance auszusteigen - bis zum 09.November 1989!

Am 28.04.1990 soll nun der Tag der Entdeckung des ehemaligen Grenzgebiets werden! Wieder einmal bringt mich D 648 nach Magdeburg Hbf, wieder einmal schlage ich mir an diesem öden Ort die Nacht um die Ohren. Der Personenzug nach Halberstadt, dort Umstieg nach Wernigerode. Und - sogar ein Transportpolizist taucht auf und schleicht durch den Wagen, aber ohne Einsicht in den Personalausweis zu nehmen! Die neue Zeit ist inzwischen zumindest teilweise bei den Blauröcken angekommen. Auch keine Festnahme mehr in Wernigerode (siehe Reisebericht vom 18.02.1089!), so daß ich pünktlich mit P 14401 in die Harzberge rumple.


Und dann hält der Zug in Elend. Langjährig eingeübte Verhaltensmuster wollen überwunden werden, eine Mischung aus ungutem Gefühl und Interesse an Neuem bemächtigt sich meiner, als ich die steilen Trittstufen zum Bahnsteig hinabsteige. Aber das alles ist mit dem Anblick der mit P 14401 noch kurz wartenden 99 7239 vergessen! Da, ein Pfiff und mit leichtem Schleudern setzt sich der Zug in Bewegung, bullernd nimmt die schwere Naubaulok die Steigung heraus aus dem Tal der Kalten Bode in Angriff. Und als kleines Sahnehäubchen läuft am Zugschluß ein nicht modernisierter Reisezugwagen mit.......

99 7239 in Elend 99 7239 verläßt Elend
99 7231 in Elend

Aber nun soll die Wanderung beginnen. Die Steinbogenbrücke über die Kalte Bode ist ziemlich zugewachsen, kaum läßt sich die mit P 14402 knarzend um die enge Kurve schurrende 99 7231 darauf ablichten. Aus der Ortslage Elend hinaus steigt die Strecke zum Scheitelpunkt in km 38,2 an, neben dem ersten Abschnitt verläuft ein Fußweg, die darauf spaziererenden Menschen hat man früher etwas sehnsüchtug betrachtet, heute steht man dort selbst, als 99 7232 mit P 14405 herandonnert, im Hintergrund Wurmberg und Brocken.

99 7232 verläßt Elend

Etwa einen Kilometer weiter oben findet sich die nächste fotogene Stelle am Rande einer Lichtung mit Blick zum Brocken! Das Warten auf P 14445 nach Benneckenstein wird belohnt: Langsam schält sich aus dem Schatten des Waldes die schwer arbeitende 99 7231, kommt näher und näher, um dann an mir vorüber zu donnern. Blinkert da nicht der Brocken ein wenig durch die Rauchschwaden, so als wollte er sagen: "Nun übt schon mal ordentlich, wenn Ihr mich in zwei Jahren wieder mit Euren Dampfloks bezwingen wollt!"

99 7231 zwischen Elend und Sorge 99 7231 zwischen Elend und Sorge 99 7231 zwischen Elend und Sorge

Gemächlicher geht es dann auf der Rückfahrt zu! Die Lok hat mit P 14446 nach Wernigerode den im dichten Wald liegenden Brechpunkt erreicht und schickt sich nun an, das im rechten Bild schon sichtbare Gefälle nach Elend hinunterzurollen. Interessiert beobachtet das Lokpersonal die Fotografen, auch für dieses dürften sie an dieser Stelle noch etwas ungewohnt sein.

99 7231 am Brechpunkt bei Allerbach 99 7231 am Brechpunkt bei Allerbach
99 7244 bei Allerbach

Und noch ein Blick auf das nun langsam hinter dem Hochwald verschwindende Brockenmassiv läßt sich einige Meter weiter südlich erhaschen, zusätzlich zur mit voller Füllung heranbullernden 99 7244, P 14407 nach Nordhausen Nord am Zughaken. Diese kreuzt in Benneckenstein mit dem Gegenzug P 14404, welcher es etwas gemächlicher angehen läßt. 99 7239 führt mit Tender voran, hinter ihr der schon von der Hinfahrt bekannte Altbau-Personenwagen.

99 7239 bei Allerbach

Die ehemalige Ladestelle Allerbach ist angesichts des Geländes noch recht gut auszumachen. Sogar die Verladerampe ist noch gut erhalten. Wir verlassen an dieser Stelle nun vorläufig die Bahngleise und laufen in Richtung Westen zur Verbindungsstraße von Elend nach Sorge. Diese verläuft hier unmittelbar am Grenzzaun entlang, von dem im April 1990 allerdings nur noch die Pfosten stehen. Wie muß wohl den Grenztruppen zumute gewesen sein, welche diesen nun plötzlich überflüssigen Zaun abgebaut haben. Der Sandstreifen zwischen Zaun und Straße wird wohl zur Spurensicherung gedient haben, hinter dem Zaun jedenfalls liegt der hier etwa 1 km breite Schutzstreifen. Der strategisch günstig in der Kurve angelegte Wachturm ist noch erhalten geblieben und dient nun als Anschauungsobjekt für neugierige Touristen.

Ladestelle Allersbach Grenzzaun bei Sorge Grenzzaun bei Sorge
Brückenwiderlager in Sorge

Im Tal der Warmen Bode angekommen, biegt die inzwischen an den Grenzzaun herangekommene Bahnstrecke in einer scharfen Linkskurve in dieses ein, die Widerlager der Unterführung unter der ehemaligen Südharzeisenbahn sind auf östlicher Seite noch gut erhalten, auf westlicher dagegen hat man jegliche Vorsprünge und Ecken entfernt, wohl um potentiellen Flüchtlingen keine Deckungsmöglichkeut zu bieten. Auf der linken Bildseite (rechtes Bild) ist auch noch gut die Rampe des Verbindungsgleises von der Harzquer- zur Südharzeisenbahn erkennbar.

Brückenwiderlager in Sorge

Ein Kilometer Wanderung auf der ehemaligen "Reichsstraße" 242 gen Westen schließt sich an, bis ein schmaler, frisch mit Kies versehener Weg zum Damm der alten Südharzeisenbahn hinauf führt. Die Steinbogenbrücke über die Warme Bode ist gut erhalten, sogar das alte Gleis liegt noch! Auf der anderen Seite beginnt der Westen! Aber so einfach hinübergehen kann man nicht, hinter uns auf dem Bahndamm warten zwei wackere Grenzer darauf, uns zu kontrollieren und einen Stempel in die anläßlich der letzten Ungarnreise in den Personalausweis eingeklebte Anlage für den Umtauschnachweis der damals in spärlicher Menge ausgereichten Forint zu drücken! Auch einen Zöllner gibt es! Während die beiden Grenzer sich mit zwei Einreisewilligen in den sterbenden "Arbeiter- und Bauern-Staat" befassen, riskieren wir noch einen Blick über sie hinweg zur sich durch ein idyllisches Tal schlängelnden Warmen Bode.

Brücke über die Warme Bode

Bis auf die Grenzpfähle ist von den Grenzsicherungsanlagen, anders als bei der Berliner Mauer, nichts zu sehen.

Grenzübergang an der Warmen Bode

Grenzbrücke über die Warme Bode

Von der Straßenbrücke dagegen sind nur noch Reste erhalten. Nun, bald werden auch hier wieder Autos auf der B 242 rollen und das stille Tal verlärmen.

Aber wir müssen zurück! Auf den Harzbahngleisen rollt gerade 99 7235 mit P 14447 nach Benneckenstein zu Tal, während die Bahngleise nach links in das Tal der Warmen Bode einschwenken, verläuft der Grenzzaun den gegenüberliegenden Hang hinauf. Weiter oben sind die Metallgitter sogar noch an den Betonpfählen montiert.

99 7235 bei Sorge 99 7235 bei Sorge
alter Bf in Sorge

Unmittelbar an die Linkskurve schließt sich das Gelände des alten Bf Sorge an. Ziemlich nahe am Grenzzaun gelegen, wurde er im Jahr 1974 aufgegeben und durch einen Hp in Ortsnähe ersetzt, nachdem der Betrieb auf dem hier angebundenen, östlich der Grenze verbliebenen Abschnitt der Südharzeisenbahn nach Tanne schon im Jahr 1958 eingestellt wurde. Das Gelände ist weitgehend eingeebnet, aber es finden sich doch noch Relikte aus vergangenen Zeiten: Am westlichen Bahnhofskopf, an der Stelle, wo die Verbindung nach der Südharzeisenabahn abzweigte, steht dieser ehemalige Wasserkran? nebst Abfluß.

alter Bf in Sorge

Und weiter östlich finden sich noch die Grundmauern des Empfangsgebäudes. Nach alten Bahnhofsskizzen soll sich die Fußgängerbrücke am Westkopf befunden haben, ich glaube aber eher, daß sie östlich des Empfangsgebäudes nach oben ging, dort wo ihr Abriß offenbar ein großes Loch in die Böschung gerissen hat (Bild oben rechts). Aber steigen wir doch einmal diese Böschung hinauf! Wildnis empfängt uns, vom oberen Haltepunkt ist noch weniger erhalten als vom unteren Bahnhof! Aber der Blick auf die Eisenbahnbrücke über die Warme Bode ist frei! Da trifft es sich gut, daß 99 7244 mit P 14448 nach Wernigerode von Benneckenstein zurückkehrt. Aber nun wird es langsam Zeit, an die Rückfahrt nach Berlin zu denken! Eine Stunde Zeit haben wir, zum Hp Sorge zu gelangen, wo auch pünktlich um 17:46 Uhr 99 7244 mit dem letzten Zug nach Wernigerode, dem P 14408, einfährt.

99 7235 in Sorge 99 7235 in Sorge 99 7244 in Sorge
Zugbegegnung in Drei Annen Hohne

Eine tolle Bahnfahrt durch die in der Abendsonne liegenden Harzwälder schließt sich nun an, mit dem der langsam tiefer sinkenden Sonne geschuldeten Wechsel von Licht und Schatten. Was für ein toller Abschluß unserer Wanderung! Nach einer halben Stunde dann die Einfahrt nach Drei Annen Hohne, wie immer in das Überholgleis. Am Hausbahnsteig wartet P 14409, der letzte Zug nach Nordhausen Nord, auf die Streckenfreigabe. 99 7239 hat schon Wasser genommen und wird sofort nach unserer Ankunft abfahren. Schon bald nach unserer Weiterfahrt tauchen wir in das Dämmerlicht von Thumkuhlen- und Drängetal ein, bevor dann Wernigerode erreicht wird. Keine Zeit mehr für Bilder, D 649 nach Berlin wartet schon!


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